Stiftskirche Bassum

 

Architekturstil

romanische Architektur

Schutzkategorie

Kulturdenkmal

Die Stiftskirche St. Mauritius und St. Viktor in Bassum ist eine evangelisch-lutherische Kirche in der niedersächsischen Stadt Bassum (Landkreis Diepholz). Sie ist benannt nach St. Mauritius und St. Viktor, die als Heilige verehrt werden. Sie wurde als Stiftskirche des Frauenstiftes Bassum errichtet.

 

Geschichte:

Es handelt sich um eine mittelgroße Backsteinkirche des 13. Jahrhunderts. Sie besteht aus einem Chorquadrat mit Apsis, einem Querschiff mit quadratischem Vierungsturm und einem dreischiffigen Hallenlanghaus.

Die ehemalige Doppelturmanlage im Westen wurde wahrscheinlich bereits 1327 beim Brand der Kirche zerstört. Das Westportal wurde bei der Restaurierung der Kirche durch Conrad Wilhelm Hase in den Jahren 1866–69 grundlegend erneuert.

Der älteste Teil sind die im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts errichteten Ostteile, die Hauptapsis mit Lisenengliederung, Rundbogenfries und Rundbogenfenstern und der darüberliegende, durch Spitzbogenblenden gegliederte Giebel. Ursprünglich waren an den Kreuzarmen Seitenapsiden vorhanden. Die Querhausfronten sind mit Ecklisenen und Rundbogenfries gegliedert. Das nördliche Querhausportal wurde 1866–69 instandgesetzt, das südliche vollständig erneuert. Außerdem wurde der Fußboden im Chorquadrat in aufwändiger und heute nur noch selten erhaltener Inkrustationstechnik aus Hochbrandgips geschaffen, der im Frühjahr 2014 restauriert wurde.

 

Baubeschreibung:

Ursprünglich war ein basilikales Langhaus geplant. Am Außenbau ist davon der um 1230 errichtete untere Teil der nördlichen Langhauswand erhalten. Nach einer Planänderung um 1250 wurde das Langhaus danach als dreischiffige Hallenkirche des Gebundenen Systems bis etwa 1270 errichtet. Die Längswände wurden wie bei der Zisterzienserkirche Haina und bei der Marburger Elisabethkirche zweigeschossig gegliedert.

 

Im Innern ist die in allen Bauphasen erfolgte Rezeption westfälischer Vorbilder und ihre Umsetzung in die Formen der Backsteinarchitektur sichtbar. Niedrige rundbogige Durchgänge und darüberliegende vermauerte Rundbogenfenster in der Westwand der Kreuzarme belegen die ursprüngliche Planung eines basilikalen Langhauses. Der Raum wird durch die wuchtigen Formen der Kreuzpfeiler bestimmt. Darüber sind in den Ostteilen und im Langhaus steil ansteigende Domikalgewölbe mit Bandrippen erbaut.

Besonders mächtig und gedrungen sind die Vierungspfeiler ausgebildet, die den entsprechenden Pfeilern in der Kirche des Klosters Marienfeld ähneln. Ähnliche Formen sind auch in der Liebfrauenkirche in Bremen und in der Kirche in Berne zu finden. Das aus zwei quadratischen Jochen bestehende Langhaus ist als Hallenkirche des Gebundenen Systems ausgebildet. Die Kreuzpfeiler sind mit eingestellten Runddiensten versehen, die Zwischendienste dagegen quadratisch geformt. Vergleichbare Formen der Hallenkirche sind unter anderem in den Kirchen in Billerbeck und Metelen zu finden. Die Seitenschiffe sind mit rippenlosem Domikalgewölbe mit hängendem Schlussstein gewölbt.

 

Taufstein, im Hintergrund Estorff-Epitaph

Wegen eines Brands im Jahr 1797 ist nahezu keine mittelalterliche Ausstattung erhalten. Von der Restaurierung unter Conrad Wilhelm Hase stammen das große Mosaik im Chor, der Altar, die Orgel, die Kanzel, der Taufstein, das Lesepult und das Chorgestühl. Ein Holzkern eines Reliquienschreins aus dem 13. Jahrhundert in Hausform ist mit einem Rundbogenfries verziert.

Das Grabmal der Gräfin Anna von Hoya († 1585) zeigt die Verstorbene als vollplastische Ganzfigur auf einem mit 16 Wappen geschmücktem Sarkophag liegend. Zwei Epitaphe mit Säulenrahmung und Beschlagwerkornament stammen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zwei Wappentafeln aus Sandstein sind auf 1542 und 1687 datiert. Ein wohlgestaltetes frühklassizistisches Epitaph für die Äbtissin Eleonora von Estorff († 1769) zeigt einen schlanken hölzernen Aufbau mit gemalten Wappenschilden und einer großen klassizistischen Urne.

Im Turm der Stiftskirche hängen drei Bronzeglocken der Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen mit der Schlagtonreihe: dis' – fis' – gis'.

 

Geschichte: - Kanonissen

Kanonissen lebten ähnlich wie Nonnen. In manchen Dingen hatten sie jedoch größere Freiheiten: Sie durften eigenes Eigentum und Bedienstete haben. Auch die Vorschriften, welche Kleider sie tragen sollten, waren von Ort zu Ort unterschiedlich. Doch auch sie lebten in Klöstern, und ihre Hauptaufgabe war es, die Stundengebete zu singen.

Ludwig der Fromme, der Sohn Karls des Großen, hatte die Synode in Aachen einberufen, die im Jahre 816 auch Stellung zu religiösen Gemeinschaften von Frauen nahm. Neben der Benediktinerinnenklöstern gab es zu dieser Zeit im Frankenreich eine große Zahl von Frauenklöstern mit sehr unterschiedlichen Regeln. Nun sollte allein die Benediktsregel verbindlich werden. An alle Frauenklöster, die sich dieser Regel nicht unterwerfen wollten, richtete sich die Aachener institutio. Sie stellt sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner dar.

Das Vorbild der Benediktsregel ist überall in der institutio spürbar, doch werden an manchen Stellen - wenn auch quasi zähneknirschend - Ausnahmen zugelassen.

  • Die Kanonisse darf Eigentum behalten, das Gelübde der Armut gilt also nicht für sie. Gemeint ist hier allem Anschein nach Grundeigentum. Doch rät die institutio ihr, dieses Eigentum dem Kloster zu stiften oder zumindest zur Verwaltung zu übergeben.
  • Die Kanonisse darf Bedienstete beschäftigen. Aber mit männlichen Verwaltern oder Handwerkern darf sie, wenn deren Aufenthalt im Kloster notwendig ist, nur in Anwesenheit weiterer Schwestern sprechen.
  • Die Kanonisse kann eigene Räumlichkeiten im Bereich des Klosters haben - aber schlafen soll sie mit den anderen in einem Gemeinschafts-Schlafraum.
  • Die Kanonisse darf auch Kleidung aus Leinen tragen, das wird ausdrücklich erwähnt. Es geht aus dem entsprechenden Textteil aber nicht hervor, ob damit ein Obergewand oder Unterwäsche gemeint ist. Wahrscheinlich letzteres, denn am Schluß wird gesagt, daß ihre Kleidung schwarz sein soll, eine Farbe, die sich bei Leinen nur schwer erreichen läßt.

Besonders im Herzogtum Sachsen sind im Früh- und Hochmittelalter zahlreiche Kanonissenklöster gegründet worden. Einige von ihnen wurden durch ihre Nähe zum Hochadel bedeutend, etwa Gandersheim, Quedlinburg oder Herford. In der entsprechend guten Quellenlage wird der Unterschied zu einem typischen Benediktinerinnenkloster deutlich.

Bei anderen Klöstern ist es oft schwierig zu unterscheiden, ob es sich um ein Nonnenkloster oder Kanonissenstift handelt. Die gängigste Bezeichnung für die Klosterfrauen in den Quellen ist sanctimoniales, und damit können sowohl Nonnen als auch Kanonissen bezeichnet werden. Auch claustrum, das Kloster, ist bei beiden Lebensformen ein gängiger Begriff. Die eigene Zelle wird im Verlauf des Mittelalters auch in den "normalen" Orden zur Selbstverständlichkeit. Die stabilitas loci, die Anwesenheitspflicht im Kloster, durchbrechen Äbtissinnen sowohl von Nonnenklöstern als auch von Kanonissenstiften: Hildegard von Bingen, Äbtissin eines Benediktinerinnenklosters, besucht zahlreiche Orte, um dort zu predigen. Äbtissinnen von Gandersheim und Quedlinburg, die Töchter der deutschen Kaiser sind, verbringen viel Zeit bei ihren Eltern.

Möglicherweise war es auch vielen mittelalterlichen Zeitgenossen nicht klar und vielleicht auch gar nicht wichtig, ob ein bestimmtes Kloster nun einem Orden angehörte oder nicht. Der heutige Forscher jedenfalls kann es häufig nur dann entscheiden, wenn ein Kloster sich tatsächlich selbt etwa als claustrum ordinis sancti Benedicti bezeichnete. Und selbst dann bedeutete es möglicherweise nur, daß die Stiftsfrauen einzelne Elemente der Regel übernommen hatten.

 

http://www.mittelalter-recherche.de/kanonissen.html

 

Als Kanonissin oder Kanonisse (auch Stiftsdame) wird eine Frau bezeichnet, die in einer geistlichen Gemeinschaft in einem (weltlichen) Frauenstift lebt, ohne Ordensgelübde abzulegen. Der Begriff entspricht damit dem des Kanonikers bei den Männern, wobei (katholische) Kanonissen abweichend von diesen nie geistlich geweiht werden. Darüber hinaus werden auch die Augustiner-Chorfrauen der verschiedenen Augustinischen Orden und Kongregationen als Kanonissen oder Regular-Kanonissen bezeichnet, obwohl sie Ordensgelübde abgelegt haben. Hier ist Kanonisse die weibliche Entsprechung des Begriffs Regularkanoniker.

Es handelte sich früher um Frauen, die in einem Stift eine Pfründe (Unterhalt) genossen und eine gemeinschaftliche Wohnung hatten. Die Frauenstifte wurden zumeist von einer Äbtissin oder Pröpstin geleitet, die den Kanonissen gegenüber weisungsbefugt war. Die geistliche Betreuung erfolgte durch einen Propst, der oft auch die Vertretung des Damenstifts nach außen wahrnahm. Oft gehörten die Kanonissen dem Adel an, genossen weitgehende Freiheit des Lebenswandels und machten ihre Einrichtungen zu rein weltlichen „Versorgungsanstalten“, sodass selbst nach dem Übertritt zum Protestantismus mehrere solcher Stifte, zum Beispiel die von Gandersheim, Herford, Quedlinburg oder Gernrode, als Pfründenanstalten für „adlige Fräulein“ bestehen blieben.

Bis heute gibt es katholische und evangelische Stiftsdamen, die zu unterschiedlichen Bedingungen in einem Stift leben. Sie legen in keinem Fall ein Gelübde ab, die Aufnahmebedingungen sind sehr allerdings unterschiedlich. So verlangt beispielsweise das Stift Börstel von seinen Stiftsdamen christliche Orientierung, Ehelosigkeit (die Damen dürfen verwitwet oder geschieden sein), die Möglichkeit, von eigenen Einkünften zu leben, und verpflichtet sie zur Residenz. Im Stift Fischbeck hingegen mussten die Stiftsdamen noch bis 1924 sechzehn adlige Vorfahren nachweisen können; heute müssen sie über eine „gesicherte finanzielle Grundlage zur Lebensführung“ verfügen und sollten bei der Aufnahme nicht älter als 60 Jahre sein.

 

Anders als in Klöstern wählten die Äbtissin und das Kapitel die zukünftigen Kanonissen aus. Ursachen waren eine festgelegte Anzahl von Pfründen, durch die das Kanonissenstift finanziert wurde. Eine einheitliche Altersgrenze für die Aufnahme der Frauen war im Mittelalter nicht gegeben. Die Frauen stammten meist aus wohlhabenden, oder adligen Verhältnissen und erhielten Stipendien durch Pfründe. Zunächst mussten die Neu aufgenommenen jungen Mädchen die Stiftsschule besuchen und eine Unterweisung von Moral und Sitten erhalten. Hierbei wurde besonders viel Wert auf eine umfassende und wissenschaftliche Ausbildung gelegt, die nicht wie bei anderen Ordensgemeinschaften auf aszetischer Basis beruhte. Neben dem Verständnis lateinischer Kirchenschriftsteller und vieler Klassiker, wurde den Schülerinnen auch die Kenntnis schwieriger Notenschriften und kirchlicher Zeremonien gelehrt. Die Ausbildung zur Kanonissin ließ sich mit einem zeitgenössischen Studium der Kirchengeschichte vergleichen und dauerte mehrere Jahre, wobei die genaue Dauer von Ort zu Ort unterschiedlich verzeichnet war. Der erfolgreiche Abschluss der Stiftschule erfolgte erst bei Beherrschung des Chorgesangs und des Lesens lateinischer Texte. Nach erfolgreich abgeschlossener Schulausbildung konnte die Aufnahme als vollberechtigte Kanonisse in das Kapitel stattfinden. Dies erfolgte jedoch ausschließlich mit der Genehmigung der Äbtissin durch das Kapitel. Ein öffentliches Gelübde wurde bei der Aufnahme zur vollberechtigten Kanonisse nicht abgelegt. Lediglich das Versprechen gegenüber der Äbtissin Gehorsam und Keuschheit während der Zeit des Aufenthalts im Stift zu wahren, wurde gefordert. In den Essener Kanonissenstiften im 18. Jahrhundert betraf die Regelung einer mehrjährigen Schulausbildung zur Aufnahme als Kanonisse fortan ebenso Erwachsene Frauen.

 

Die Hauptaufgabe der Kanonissen in einer geistlichen Gemeinschaft war der Chordienst. Dieser wird bereits in der Schulausbildung der jungen Frauen ausführlich thematisiert und stellt somit einen der wichtigsten Aufgabenbereiche dar. Die kanonischen Stundengebete und Heilige Messen wurden von vielfältigen und kunstvollen Chorgesängen der Kanonissen unterstützt, welche sich besonders an Festtagen erkenntlich machte. Neben dem Chordienst gehörte auch der Aufenthalt auf Messen, Prozessionen und kirchlichen Begräbnisfeiern zu den Aufgabenbereichen einer Kanonisse, sodass sie ein von der Außenwelt abgeschiedenes Leben führten. Durch die Zuteilung und Verwaltung verschiedener Stiftsämter waren ältere Kanonissen, oftmals zuständig für die Versorgung und Verpflegung der armen und kranken, sowie der Beherbergung der Pilgerinnen. Hierbei gehörte der Umgang mit dem Webstuhl und der Nadel ebenso zu den Fähigkeiten, die Kanonissen erlernten. Auch waren sie neben den Äbtissinnen in der Tätigkeit als Lehrerin in den Stifterschulen vorzufinden und förderten auf diese Weise die folgenden Kanonissengenerationen. Trotz der erhöhten Verantwortung und Befugnissen im Frauenstift waren Kanonissen unter strenger Beobachtung der zuständigen Äbtissin des Klosters.

 

Ähnlich wie bei anderen Ordensgemeinschaften lebten Kanonissen in einer gemeinsamen Lebensgemeinschaft (Vita communis) unter den Aachener Regeln. In den Kanonissenstiften des Spätmittelalters gab es klare Vorschriften zur gemeinsamen Bettruhe (Dormitorium) und zusammenkommen zu Mahlzeiten (Refektorium), die das gemeinschaftliche Leben unterstreichen sollten. Das Stillschweigen bei Tisch und die Lesung aus der heiligen Schrift während der Mahlzeit gehörten zu den täglichen Riten in Kanonissenstiften. Durch die unterschiedliche Pfründe der Kanonissen entwickelte sich jedoch im 16. Jahrhundert die Problematik, dass das Aufrechterhalten des gemeinsamen Tisches nicht mehr möglich war. Grund war die zunehmende Individualisierung der Mahlzeiten durch die Einkommensunterschiede, aufgrund der unterschiedlichen Amts- und Würdegrade der einzelnen Kanonissen. Aus diesem Grund wurde ihnen die freie Wahl geboten und von dem Ritus abgesehen. Neben der freien Wahl des Mahls, war es Kanonissen gestattet in eigenen Behausungen zu leben, die sich im Klosterbezirk befanden. Diejenigen welche sich keine eigene Wohnung finanzieren konnten, wurde durch die Äbtissin ein besonderer Aufenthaltsraum zugeteilt. Die privaten Wohnungen standen jedoch in keinem Widerspruch zu dem Ritus der gemeinsamen Bettruhe, da die Kanonissen nachts weiterhin das Dormitorium aufsuchen mussten. Die eigenen Wohnungen dienten somit lediglich als privater Rückzugsort und als Räumlichkeit um privates Eigentum zu besitzen und aufzuwahren. Die jüngeren Kanonissen welche sich noch in der Ausbildung befanden, oder ein gewisses Alter noch nicht erreicht haben, lebten zusammen und erhielten keine eigene Wohnung völlig unabhängig ihres sozialen Standes. Meistens lebten die Schülerinnen während ihrer Ausbildung im Haus der Äbtissin, jedoch bestand auch die Möglichkeit in der Wohnung einer familiär verwandten Kanonissin zu leben. Nicht nur durch die private Behausung unterschied sich das Kanonissenstift von anderen Ordensgemeinschaften. Durch die altkirchlichen Freiheiten war es den Kanonissen ebenfalls möglich über eine eigene Dienerschaft zu verfügen. Eine besondere Freiheit stellt das Recht des Austritts und die Verehelichung dar, denn den Kanonissen ist es im Vergleich zu Nonnen gestattet gewesen das Stift zu verlassen.

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